Auch Ginsberg erweckt das Nashorn für einen flüchtigen Moment wieder zum Leben: Eine lebensgrosse Projektion holt das mächtige Tier mitten in den Ausstellungsraum und führt uns neue Ausstellungsmöglichkeiten in naturhistorischen Museen vor Augen. Das Werk konfrontiert uns auch mit der Frage, ob menschengemachte Objekte jemals Ersatz sein können für echte Lebensformen. Vor allem aber thematisiert «The Substitute» unsere Bemühungen, Lebensformen (wieder) zu schaffen, während täglich unzählige Tier- und Pflanzenarten ausgerottet werden und vor unseren Augen verschwinden.
Das Werk spannt aber auch den Bogen zur permanenten Sammlung des Naturhistorischen Museums Bern: Bei den Dioramen im Erdgeschoss ist ein präpariertes männliches Nördliches Breitmaulnashorn ausgestellt. Sein Horn wurde durch eine Kartonattrappe ersetzt, da Wilderer nicht nur Nashörner in freier Wildbahn erlegen, sondern zuweilen auch in Museen einbrechen, um an das wertvolle Horn zu gelangen. Die Hörner bestehen zwar nur aus Hornsubstanz wie Fingernägel oder Haare, doch sie sind auf dem Schwarzmarkt Gold wert: Sie gelten im asiatischen Raum als traditionelles Heilmittel gegen unzählige Beschwerden, unter anderem sogar gegen Krebs.
«The Substitute» ist Teil der Sonderausstellung «Weltuntergang – Ende ohne Ende». Sie thematisiert verschiedenste Untergänge, mal sachlich, mal spekulativ, mal lustvoll. Ausgestellt sind Kunstwerke von Roman Signer, Elodie Pong, Katie Paterson, Roberto Fassone, Superflex, Armin Linke, Kathryn Fleming u. a. Jedes Jahr wird eine Künstlerin oder ein Künstler eingeladen, den siebten Ausstellungsraum aufs Neue zu gestalten und damit einen spezifischen Schlusspunkt zu setzen. Mit «The Substitute» startet unser «Weltuntergang» in sein letztes Ausstellungsjahr. Ab 2023 wird «The Substitute» permanent bei den Dioramen zu sehen sein.